Seit 2004 bringt Grazyna Bakalarz an Trierer
Schulen Dutzenden von Schülern das Schachspielen bei. Mit Erfolg: Ihre
Schützlinge fahren regelmäßig Erfolge ein. Was ist das für eine Frau,
die so vielen Jugendlichen die Faszination des königlichen Spiels
vermittelt? Unser Autor wollte es genau wissen und hat sie auf eine
Partie herausgefordert.
Grazyna Bakalarz vor dem
Schachbrett: Für das Foto hat die gebürtige Polin die
Schachfiguren in Grundaufstellung gebracht.TV-Foto: Kim
Björn Becker
Trier. In der Welt von Grazyna Bakalarz
(48) ist alles geordnet, strukturiert, ja fast berechenbar. Sie
spricht gerne von Gabeln, Fesselungen und Abzügen, und wer ihr
einmal am Schachbrett begegnet, der bekommt ihre taktischen Finessen
sehr schnell zu spüren. Seit 2004 ist die gebürtige Polin aus dem
schlesischen Skoczów als Schachlehrerin an Trierer Schulen
unterwegs. Seitdem das Spiel der Könige an der Integrierten
Gesamtschule in Trier zum Schulfach wurde, ist Bakalarz dabei. Sie
betreut heute mehrere Schach-Arbeitsgemeinschaften, unter anderem am
Trierer Auguste-Viktoria-Gymnasium und an sieben Trierer
Grundschulen. Vor kurzem haben zwei ihrer Schulen, die Grundschule
Olewig und die Egbert-Grundschule, bei den Bezirksmeisterschaften
den ersten und zweiten Platz belegt und sich im Anschluss mit einer
Feierstunde bei ihrer Schachlehrerin bedankt.
Seit 2004 an Trierer Schulen
Wer wissen will,
was für ein Mensch die engagierte Trainerin ist, die für ihren guten
Draht zu Schülern und Eltern bekannt ist, der muss sich nur einmal
mit ihr unterhalten. Am besten lernt man Grazyna Bakalarz jedoch bei
einer Partie Schach kennen. Also los, das Spiel beginnt. Ihr
Lieblingszug ist der des Bauern, der unmittelbar vor der Dame steht.
Einige bekannte Eröffnungen im Schach beginnen mit diesem Zug,
darunter passenderweise auch die ab 1913 bekannt gewordene Polnische
Verteidigung. Die meisten Spieler entscheiden sich aber dennoch für
den Bauern daneben. Der Damenbauernzug ist zwar individuell, aber
noch lange nicht exotisch. Bakalarz sagt dazu: "Ich finde es
spannender so." Im Mittelspiel geht es weiter: Wird sie
angegriffen, spielt Bakalarz meistens zurückhaltend. Aggressive
Schachspieler versuchen oft, zügig Figuren gegeneinander
abzutauschen, Bakalarz zieht bei einem Angriff meistens einfach
woandershin und lässt den Provokateur ins Leere laufen. Das Temperament passt auch zu der Art, wie
sie ihre Figuren führt. Während manche Spieler ihre Steine bei einem
Zug mit hörbarer Wucht auf das Zielfeld knallen, als wollten sie
ihrem Gegner damit ein herausforderndes "Hier komme ich!"
entgegenrufen, zieht Bakalarz leicht und besonnen - und fast ein
wenig behutsam. "Ich lasse mir auch immer viel Zeit zum Überlegen",
sagt sie. Und fügt hinzu: "Bei Turnieren bekomme ich deshalb auch
schon mal Probleme mit dem Zeitlimit." In der zweiten Klasse lernte
die Polin das Schachspielen von einem pensionierten Lehrer in ihrer
Heimatstadt. Das Spiel auf den 64 Feldern hat sie
fortan nicht mehr losgelassen: "Man kann sich so schön darin
vertiefen und konzentrieren. Niemand stört oder redet, und plötzlich
sind in einer Partie mehrere Stunden vergangen", sagt sie. Später
hat Schach ihr Leben auf eine andere Weise bestimmt. Bei einem
Mannschaftsturnier in Polen hat sie mit 16 Jahren ihren späteren
Ehemann kennengelernt, mit dem sie derzeit eine Schachakademie in
Luxemburg betreibt. "Er betreut lieber Leistungsspieler, während ich
Schach als Breitensport an Kinder vermittle", sagt die 48-Jährige.
Fast schon selbstverständlich ist, dass es auch zwei der drei Kinder
des Paares bereits zu beachtlichen Erfolgen am Schachbrett gebracht
haben. Zudem hat auch der jüngste Sohn, bald sieben Jahre alt, vor
kurzem mit dem Schachspielen angefangen. Zurück zum Mittelspiel der Partie.
Bakalarz spielt sehr genau und hat sich bald einen erheblichen
Vorsprung erarbeitet. Zudem muss der TV-Autor einen herben
Turmverlust einstecken, den Bakalarz, wie sich später herausstellt,
mit etlichen Zügen Vorlauf vorbereitet hat. "Viele vertreten die
Theorie, man müsste im Schach immer den schnellsten Weg zum Matt
finden", sagt sie zwischendurch. Sie sieht das natürlich anders,
etwas weniger forsch: "Jeder Weg, der zum Erfolg führt, ist doch in
Ordnung." Das vermittelt sie so auch ihren Schülern in Trier. Und wie nachsichtig oder unerbittlich ist
Grazyna Bakalarz gegenüber ihrem sterbenden Gegner im Endspiel der
Partie? Der TV-Schreiber wird es nie erfahren,
denn angesichts der Ausweglosigkeit seiner Stellung hat er sich zur
Aufgabe der Partie entschlossen, noch bevor es zu einem Matt kommen
kann. Wahrscheinlich ein Fehler, denn es wäre sicherlich interessant
geworden. kbb In dieser Woche steht ein besonders
hochkarätiges Schulschachturnier in Trier an: Die
rheinland-pfälzischen Landesmeisterschaften werden am Samstag, 2.
März, ab 10 Uhr im Max-Planck-Gymnasium ausgetragen. Zuschauer sind
willkommen.